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Demokratie schützt Freiheit

82 % der Europäerinnen und Europäer leben in Freiheit

Übersichtsgrafik, die den Freiheitsgrad der Bürger in einer Region zeigt
Übersichtsgrafik, die den Freiheitsgrad der Bürger in einer Region zeigt

Freiheit ist ein bedeutendes Gut, das in Demokratien besonders geschützt wird. Eine neue Studie von Freedom House untersucht, wie frei die Weltbevölkerung wirklich ist. In Europa lebt trotz eines leichten Rückgangs des Freiheitsindex im Vergleich zu 2023 immer noch über 80 Prozent der Bevölkerung in Freiheit. Dieser Rückgang ist vor allem auf wachsende Bedenken hinsichtlich staatlicher Korruption zurückzuführen.

Ein positiver Ausreißer in Europa ist Polen, wo das Ergebnis der polnischen Parlamentswahlen in einem seltenen Lichtblick unter den diesjährigen Wahlen zeigte, dass Oppositionskräfte selbst im Angesicht von Wahlmanipulationen gewinnen können. Durch die abnehmende Einflussnahme der Regierung profitiert das nationale Mediensystem, und es gibt ein breiteres Angebot unabhängiger Medien – eine essenzielle Grundlage für Freiheit und demokratische Stabilität.

Anders sieht es in Afrika aus, wo die Freiheit bereits zum zehnten Mal in Folge rückläufig ist. Fast die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung lebt in Unfreiheit. Dennoch gibt es Hoffnungsschimmer: In einigen Ländern konnten Gerichte wichtige Menschen- und LGBTQ+-Rechte verteidigen, was die Bedeutung einer unabhängigen Justiz für Freiheit und Demokratie unterstreicht.

Amerika bleibt trotz einiger Herausforderungen für demokratische Institutionen eine der freiesten Regionen der Welt. Fast 94 Prozent der Menschen sind frei oder teilweise frei. In Mittel- und Südamerika erwiesen sich Wahlen als zentrales Element für die demokratische Erneuerung und Stabilisierung. Besonders in Guatemala und Ecuador, wo demokratische Präsidentschaftskandidaten Erfolge erzielten, zeigt sich die Stärke der Demokratie in der Region.

Im Gegensatz dazu verschlechtert sich die Lage in den Regionen Asien-Pazifik und Eurasien. Besonders in Eurasien leben 84 Prozent der Bevölkerung in Unfreiheit, was vor allem auf den zunehmenden Einfluss autoritärer Regime wie Russland zurückzuführen ist.

Mehr über die Beziehung zwischen demokratischen Institutionen und Freiheit finden Sie in der Studie Freedom in the World von Freedom House.

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EU als Schutzschild der Demokratie

Welchen Herausforderungen ist die europäische Demokratie ausgesetzt?

Im Jahr 2022 kündigte die Präsidentin der europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, ein Programm zum Schutz der Demokratie in Europa an. Ziel des Defence-of-Democracy-Pakets ist die Bekämpfung ausländischer Einflussnahme, ein größerer Schutz für Wahlen und mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. In diesem Kontext hat sich das EU-Parlament mit den größten Herausforderungen der europäischen Demokratie auseinandergesetzt.

In 22 der 27 EU-Mitgliedstaaten wurden Fake News als größte Herausforderung für die Demokratie identifiziert. Auf Platz zwei folgt die Skepsis gegenüber demokratischen Institutionen wie zum Beispiel Wahlen. In Italien und Kroatien wurde diese Skepsis sogar als größtes Problem für die europäische Demokratie eingestuft. Gleichzeitig wächst bei immer mehr EU-Bürgerinnen und Bürgern die Sorge um den Schutz der Europawahlen. Während 2020 weniger als sechs von zehn Bürgern diesbezüglich Bedenken hatten, sind es 2023 deutlich mehr.

In einer aktuell angespannten außenpolitischen Situation mit großen Konfliktherden wie dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, muss sich die europäische Demokratie sowohl gegen externe als auch interne Gefahren behaupten. Besonders die Bedrohung durch ausländische Einflussnahme wird vom EU-Parlament ernst genommen und durch zwei Sonderausschüsse intensiv untersucht. Auch Nichtregierungsorganisationen können die europäische Politik beeinflussen. Dabei kann mangelnde Transparenz bei deren Finanzierung zu unerwünschter ausländischer Einflussnahme führen.

Zu den internen Herausforderungen zählen der wachsende Zuspruch zu rechtsautoritären Parteien und die zunehmende Polarisierung der europäischen Politik. Diese Entwicklungen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität und den Zusammenhalt der europäischen Gemeinschaft dar und erfordern eine breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Mehr Informationen zum Schutz der europäischen Demokratie finden sie in der Studie „Resilience of Democracy and European Elections against New Challenges“ des europäischen Parlaments.

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US-Demokratie im Krisenmodus

Befindet sich die US-Demokratie in einer ernsthaften Krise?

Die Präsidentschaftswahlen in den USA zählen zu den größten und wichtigsten Wahlen weltweit. Knapp 258 Millionen Menschen wählen am 5. November 2024 einen neuen Präsidenten. Nach dem Sturm auf das Kapitol und dem versuchten Attentat auf Donald Trump ist der Zustand der US-amerikanischen Demokratie jedoch fraglich.

Das Pew Research Center untersucht in einer Studie die Einstellungen der Amerikaner zum Zustand ihrer Demokratie. Laut der Umfrage geben 72 Prozent der Befragten an, dass die USA früher ein gutes Beispiel für eine stabile Demokratie waren, aber derzeit nicht mehr sind. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen: Von den unter 30-Jährigen sehen nur 16 Prozent die US-Demokratie als Vorbild für andere Nationen, während es bei den über 50-Jährigen bereits 22 Prozent sind.

Auch in Deutschland wird die Entwicklung der US-Demokratie kritisch betrachtet. 62 Prozent der Befragten glauben, dass die USA in den letzten Jahren kein gutes Beispiel für eine Demokratie waren. Diese Skepsis ist nur in Großbritannien, Japan, Kanada und den USA selbst noch größer. Auch im Ausland sind jüngere Menschen kritischer als ältere. In Griechenland etwa glauben 54 Prozent der Befragten unter 35 Jahren, dass die USA kein gutes Demokratievorbild mehr sind. Bei den über 50-Jährigen sind es im Vergleich lediglich 34 Prozent.

Ein möglicher Grund für die Skepsis könnte die wachsende Kritik am Supreme Court sein. Die Konrad-Adenauer-Stiftung führte hierzu ein Interview mit Professor Russell A. Miller von der Lee University School of Law. Er sieht die Politisierung der Richterwahlen als großes Problem. In den USA nominiert der Präsident neue Richter, die dann vom Parlament bestätigt werden. Richter werden in den USA, anders als in Deutschland, auf Lebenszeit ernannt. Beispielsweise boykottierten Republikaner im Parlament die Bestätigung des von Obama vorgeschlagenen Richters Merrick Garland. Daraufhin nominierte Donald Trump 2016 den konservativen Richter Neal Gorsuch. Das mehrheitlich aus Republikanern bestehende Parlament nahm Gorsuch an. Die Demokraten bezeichnen dieses Vorgehen als „gestohlenen Sitz“. Russell A. Miller betont jedoch, dass sowohl Republikaner als auch Demokraten zur Politisierung und zur Schädigung des Supreme Court beigetragen haben.

Mehr Informationen zum Zustand der US-Demokratie finden Sie in der Studie des Pew Research Center. Weiterführende Gründe für die Krise des Supreme Court werden im Interview „The American Supreme Court in Crisis?“ der Konrad-Adenauer-Stiftung thematisiert. Hintergründe zu den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen lesen Sie in unserem Think Tank Report zum Thema Wahlen.

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75 Jahre Grundgesetz: Und jetzt?

Wie steht es um die Zukunft der Demokratie in Deutschland?

Wolken mit Statements zum Zustand der Demokratie in Deutschland
Wolken mit Statements zum Zustand der Demokratie in Deutschland

In diesem Jahr feiert die Bundesrepublik Deutschland 75 Jahre Grundgesetz. Die von Konrad Adenauer maßgeblich mitgestaltete Verfassung trat am 23. Mai 1949 in Kraft. Ein Dreivierteljahrhundert später stellen sich ähnliche Fragen wie in der Anfangsphase der Verfassung: Wie zukunftsfähig ist die Demokratie in Deutschland und wie bewerten sie die Bürger? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Studie Enttäuschung, Frust und Resignation der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Artikel 1 und 20 des Grundgesetzes unterliegen in Deutschland der Ewigkeitsklausel und sichern damit das klare Bekenntnis zur Demokratie. Die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung untersucht insbesondere die Einstellungen von AfD-Wählerinnen und -Wählern zur Demokratie im Vergleich zu Nicht-AfD-Wählerinnen und -Wählern.

Beide Gruppen nehmen eine Gefährdung der Demokratie in Deutschland wahr, unterschieden sich jedoch in ihrer Beurteilung der konkreten Gefahren. AfD-Wählerinnen und -Wähler sehen die Meinungsfreiheit in Deutschland nicht mehr gegeben. Insbesondere das Thema Migration könne man nicht mehr ansprechen, ohne „als Nazi abgestempelt“ zu werden. Zudem zweifelt die Gruppe der AfD-Wählerinnen und Wähler das Mitbestimmungsrecht an. Nicht-AfD-Wählerinnen und -Wähler, vor allem aus Westdeutschland, betrachten hingegen die AfD als größte Bedrohung der Demokratie. Sie sehen das Erstarken der AfD als Zeichen für einen Anstieg antidemokratischer und rechtsextremer Einstellungen. Auch sie sorgen sich um die Meinungsfreiheit, da einige Themen in der Gesellschaft zu emotional diskutiert würden.

Diese Ergebnisse werden durch die Studie Bäumchen wechsel dich der Konrad-Adenauer-Stiftung untermauert. Die Studie beleuchtet die Demokratiezufriedenheit der Deutschen. Nur 36 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind mit der deutschen Demokratie zufrieden. Besonders das Vertrauen in den Bundestag als Herzstück der Demokratie sinkt. Das Vertrauen von SPD- und CDU-Anhängerinnen und -Anhängern liegt bei 57 Prozent (SPD) beziehungsweise 42 Prozent (CDU), während nur 8 Prozent der AfD-Wählerinnen und -Wähler dem Bundestag vertrauen. Einzig das Vertrauen der Anhänger der Grünen stieg auf 85 Prozent an.

Mehr zu der Bewertung der deutschen Demokratie finden Sie in den Studien Enttäuschung, Frust und Resignation sowie Bäumchen wechsel dich der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Entstehungsgeschichte des deutschen Grundgesetzes wird in der Publikationsreihe Zeitgeschichte Aktuell der Konrad-Adenauer-Stiftung näher beleuchtet.

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Sind Anfeindungen der Normalzustand?

Wie kann man die Situation ehrenamtlicher Bürgermeisterinnen und Bürgermeister verbessern?

Grafik über die Häufigkeit, mit der ehrenamtliche Bürgermeister Anfeindungen ausgesetzt waren

Die Bürgerbeteiligung ist ein wichtiger Bestandteil der Demokratie. Eine besondere Rolle nehmen dabei ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ein, da sie das Bindeglied zwischen Politik und Bürgern sind. Laut einer Umfrage der Körber-Stiftung glauben jedoch 71 Prozent der befragten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, dass es zu wenige Interessenten für ihr Amt gibt.

In der forsa-Umfrage der Körber-Stiftung wurden 1.549 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu der Situation ihres Amtes befragt. Sie nannten vielfältige Motivationen für die Ausübung ihres Amtes. Am häufigsten wurde mit 72 Prozent die Weiterentwicklung der Gemeinde genannt, 45 Prozent gaben an, dass sie sich für ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen wollen, und immerhin 6 Prozent möchten die Demokratie stärken.

Ein wichtiger Faktor für viele ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist der finanzielle Aspekt. Um das Amt attraktiver zu machen, fordern 66 Prozent der Befragten eine bessere Bezahlung. Trotz der finanziellen Bedenken halten es 53 Prozent für sinnvoll, ehrenamtlich und nicht hauptberuflich als Bürgermeisterin oder Bürgermeister zu arbeiten. Zudem wünschen sich mehr als die Hälfte der Befragten größere Gestaltungsfreiräume und weniger Verwaltungsaufgaben, um ihre Arbeit effektiver gestalten zu können.

Die Studie legt ein besonderes Augenmerk auf die Erfahrungen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mit Anfeindungen. 40 Prozent der Befragten berichteten, bereits beleidigt, bedroht oder angegriffen worden zu sein. Allerdings gaben 57 Prozent an, dass solche Anfeindungen eher selten seien. Auch der raue Ton in der Kommunalpolitik wird von einigen bemängelt. In der Studie Mehr Respekt bitte! betont die Körber-Stiftung die Notwendigkeit einer besseren Diskussionskultur in der Kommunalpolitik. Sie schlägt Schulungen für ehrenamtliche Politikerinnen und Politiker, eine stärkere Formalisierung der Ratssitzungen sowie die Einrichtung einer kommunalen Konfliktberatung vor, um die Situation zu verbessern.

Die Ergebnisse der forsa-Umfrage und weitere Verbesserungsansätze finden Sie in den Studien Die Situation ehrenamtlicher Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Mehr Respekt bitte! der Körber-Stiftung. Die Relevanz der Bürgerbeteiligung für Politik und Gesellschaft wird in einer Publikation der Robert-Bosch-Stiftung näher beleuchtet.

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Umwelt-
katastrophen als Türöffner

Umweltkatastrophen als Türöffner

Welchen Einfluss haben Umweltkatastrophen auf die Demokratie?

Häuser, die bis zum Dach unter Wasser stehen

Umweltkatastrophen wie die Flutkatastrophe im Ahrtal verdeutlichen immer wieder die Bedrohung des Klimawandels. Seit Mitte der 2000er-Jahre bleibt die Zahl der weltweiten Naturkatastrophen auf einem hohen Niveau. Doch können solche Katastrophen auch einen positiven Effekt auf die Demokratie haben? Diese Frage hat das V-Dem-Institute untersucht und interessante Ergebnisse präsentiert.

In der Studie Political Consequences of Natural Disasters: Accidental Democratization? hat V-Dem die Hypothese überprüft, ob Umweltkatastrophen zu Demokratisierungsprozessen führen können. Der Fokus lag dabei auf den Auswirkungen auf Wahlen, zivilgesellschaftliches Engagement und die Unabhängigkeit der Medien. Es wurden zwei mögliche Szenarien betrachtet: Entweder nutzen Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber Krisensituationen, um demokratische Institutionen einzuschränken, oder es kommt zu einer Aktivierung der Zivilgesellschaft und einer kritischen Berichterstattung der Medien.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass es durch Umweltkatastrophen nicht zwangsläufig zu demokratischen Rückschritten kommt. Im Gegenteil. Die Studie zeigt, dass Umweltkatastrophen häufig zu einer Stärkung der Zivilgesellschaft und des politischen Engagements führen. Besonders positiv wirken sich Naturkatastrophen auf die Meinungsfreiheit und die Unabhängigkeit der Medien aus. Mit der wachsenden Zahl von Naturkatastrophen steigt auch der Druck auf den politischen Status quo, was potenziell zu Veränderungen führen kann.

Allerdings betont die Studie, dass Umweltkatastrophen lediglich eine Tür für mögliche Demokratisierungsprozesse öffnen. Sie führen nicht automatisch zu mehr Demokratie. Dennoch gibt es einige Beispiele, die diesen Effekt verdeutlichen: Ein Erdbeben in Mexiko 1985 führte zu kritischer Berichterstattung und zur Aktivierung der Zivilgesellschaft. In der Türkei hingegen schränkte die Regierung nach einem Erdbeben 1999 die Möglichkeiten humanitärer Organisationen ein, die versucht hatten, Folgen der Katastrophe zu mildern. Diese unterschiedlichen Entwicklungen zeigen, dass der Einfluss von Umweltkatastrophen auf die Demokratie komplex und kontextabhängig ist.

Weitere Theorien über den Zusammenhang zwischen Umweltkatastrophen und Demokratie finden Sie in der Studie „Political Consequences of Natural Disasters: Accidental Democratization?“ von von V-Dem.

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Vertrauen verloren?

Das Medienvertrauen nimmt in Deutschland seit 2020 kontinuierlich ab

Grafik über das Medienvertrauen seit 2008

Unabhängige Medien sind essenziell für eine stabile Demokratie, da sie kritisch über die Arbeit politischer Akteure und Institutionen berichten. Die stetig wachsende Medienlandschaft erfordert jedoch eine klare Unterscheidung zwischen seriösen und unglaubwürdigen Formaten. Eine Langzeitstudie der Universität Mainz zeigt, dass dieses Problem auch einen Einfluss auf das Medienvertrauen der Deutschen hat.

Seit der Corona-Pandemie 2020 hat das Vertrauen der Deutschen in die Medien stetig abgenommen. 2023 gaben nur noch 44 Prozent der Befragten an, den Medien voll und ganz zu vertrauen, während es 2020 noch 56 Prozent waren. Dieses gestiegene Misstrauen muss jedoch nicht unbedingt schlecht sein. Es zeigt auch, dass die Bürgerinnen und Bürger fragwürdigen Medienplattformen skeptischer gegenüberstehen und daher weniger anfällig für Falschinformationen sind.

Trotz des wachsenden Misstrauens blieb das Vertrauen in die öffentlich-rechtlichen Medien relativ stabil. 64 Prozent der Befragten vertrauen den öffentlich-rechtlichen Medien voll und ganz. Dieses Ergebnis hat sich über die letzten Jahre kaum verändert. Am größten ist das Misstrauen gegenüber Boulevardzeitungen, denen 66 Prozent misstrauen. Bei privaten Fernsehsendern sind die Meinungen verschieden: 2023 gaben 41 Prozent der Befragten an, diesen teilweise zu vertrauen.

Die Mainzer Langzeitstudie untersucht auch den Medienzynismus in Deutschland. Weniger als die Hälfte der Befragten glauben, dass das Mediensystem lediglich ein Sprachrohr der Mächtigen sei. Mit 49 Prozent ist der Anteil derjenigen, die dieser Aussage voll und ganz oder teilweise zustimmen, jedoch nicht zu unterschätzen. Diese Umfrageergebnisse entsprechen den Werten von vor der Pandemie und verdeutlichen die anhaltenden Zweifel der Bevölkerung gegenüber den Medien.

Die Medien haben auch einen massiven Einfluss auf die Wahrnehmung von Konflikten und Kriegen wie zum Beispiel dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Rahmen des Cafe Kyiv der Konrad-Adenauer-Stiftung wurde das Ukraine-Bild in den Medien ausführlich diskutiert. Weitere Ergebnisse der Langzeitstudie der Universität Mainz finden Sie in der Zeitschrift Media Perspektiven.

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TikTok: Meinungsbildung im Wandel?

TikTok: Meinungs-
bildung im Wandel?

Welchen Einfluss hat Social Media auf die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger?

Einschätzungen zum Einfluss von Social Media Plattformen auf die Demokratie
Einschätzungen zum Einfluss von Social Media Plattformen auf die Demokratie

Die Plattform TikTok polarisiert. Spätestens seit ihrem Verbot auf den Diensthandys von US-Abgeordneten, wird offen über ein Verbot der App in den USA diskutiert. Doch auch andere Social-Media-Plattformen stehen wegen der mangelnden Bekämpfung von Hass und Fake-News in der Kritik. Eine Studie des Pew Research Center beschäftigt sich mit den Auswirkungen sozialer Medien auf die politischen Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger.

Die Plattform X (ehemals Twitter) wird am häufigsten genutzt, um sich über Politik zu informieren. Mehr als die Hälfte der Befragten gaben dies an. TikTok folgt bereits mit 36 Prozent auf dem zweiten Platz. Facebook und Instagram liegen gemeinsam auf dem letzten Platz, wobei jeweils nur 26 Prozent der Nutzer diese Plattformen für politische Informationen verwenden.

Soziale Medien werfen immer wieder die Frage auf, ob sie eine Bedrohung oder ein Vorteil für die Demokratie sind. Einerseits erweitern sie die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger und erleichtern den Zugang zu politischen Diskussionen. Andererseits fehlt auf Social-Media-Plattformen eine geeignete Filterfunktion zum Schutz vor Falschinformationen. In den USA hängt die Bewertung von Social Media laut Pew Research Center stark von der Parteizugehörigkeit ab. Während 53 Prozent der Republikaner glauben, Social Media sei in erster Linie gut für die Demokratie, sind Anhänger der Demokraten mit nur 26 Prozent deutlich kritischer gegenüber dieser Aussage.

Auch die EU steht vor dem Problem von Desinformation über Social Media. Mit dem Digital Service Act versucht sie, illegalen Inhalten und Falschinformationen einen Riegel vorzuschieben. Social-Media-Plattformen müssen regelmäßig Daten zur Verfügung stellen, die von unabhängigen Expertinnen oder Experten geprüft werden. Das Centre for International Governance Innovation (CIGI) kritisiert jedoch, dass diese sich nur auf die von den Plattformen bereitgestellten Daten stützen können. Zudem werden die Prüfberichte erst 15 Monate nach der Datenerhebung veröffentlicht, was die Transparenz einschränkt. Journalistinnen und Journalisten können zwar die Daten der Plattformen beantragen, haben meist aber keinen Einblick in die Algorithmen der Social-Media-Unternehmen, wodurch die Analyse der Daten erschwert wird.

Eine detaillierte Erklärung des Digital Service Acts finden Sie auf der Internetseite des Europaparlaments. Weitere Kritikpunkte am Digital Service Act werden im Artikel „Digital Regulation May Have Bolstered European Elections – but How Would We Know?“ von CIGI vorgestellt. Einschätzungen zum Einfluss von Social-Media-Plattformen auf die Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger gibt die Studie des Pew Research Center.

An dieser Ausgabe mitgearbeitet haben:

Team KALUZA + SCHMID Studio, Bogdan Miftakhov, Kristin Wesemann, Leon Buchberger

Quellen

(1) Freedom House (2024): Freedom in the World 2024. Washington, DC.

(2) Bressanelli, Edoardo & Samuele Bernardi (2024): Resilience of Democracy and European Elections against New Challenges European Parliament, Brüssel.

(3) Fetterolf, Janell & Sofia Hernandez Ramones (2024): 72 % of Americans say the U.S. used to be a good example of democracy, but isn’t anymore. Pew Research Center, Washington, DC.

Rinke, Franziska (2023): The American Supreme Court in Crisis? Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Berlin

(4) Werkmann, Caroline & Hans-Jürgen Frieß (2024): Enttäuschung, Frust und Resignation Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Berlin

Pokorny, Sabine (2024): Bäumchen wechsel dich? Politische Einstellungen im Wandel. Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Berlin

(5) forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen (2024): Die Situation ehrenamtlicher Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Berlin

Alin, Selina & Jana Faus (2024): Mehr Respekt bitte! Körber-Stiftung, Hamburg.

(6) Rydén, Oskar et al. (2024): Political Consequences of Natural Disasters: Accidental Democratization? V-Dem-Institute, Göteborg.

(7) Quiring, Oliver et al. (2024): Zurück zum Niveau vor der Pandemie – Konsolidierung von Vertrauen und Misstrauen, in: Media Perspektiven, 9/2024, ARD-Media, Hamburg.

(8) Mcclain, Colleen & Monica Anderson & Risa Gelles-Watnick (2024): How Americans Navigate Politics on TikTok, X, Facebook and Instagram. Pew Research Center, Washington, DC.

Tworek, Heidi (2024): Digital Regulation May Have Bolstered European Elections — but How Would We Know? Centre for International Governance Innovation, Waterloo