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Das Superwahljahr 2024

Wahltermine weltweit: Wer wählt wann und wie fair sind die Wahlen?

Clean Elections Index (2023)

Grafik über den Stand der Integrität von Wahlen im Jahr 2023
Abbildung 1 zeigt den Stand der Integrität der Wahlen im Jahr 2023 auf der Grundlage des Clean Elections Index. Der Index für saubere Wahlen misst, inwieweit die Wahlen frei und fair sind, d. h. ohne Registrierungsbetrug, systematische Unregelmäßigkeiten, Einschüchterung der Opposition, Stimmenkauf und Gewalt bei den Wahlen.

Im Superwahljahr 2024 werden mehr als vier Milliarden Menschen weltweit ihre Stimme abgeben. Auf der ganzen Welt findet eine Vielzahl von Wahlen statt, darunter die Europawahl im Juni und die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten im November. Wahlen sind entscheidend für die Demokratie und prägen die politische Zukunft eines Landes. Doch nicht in allen Ländern sind die Wahlen frei und unabhängig, wie der Clean Elections Index zeigt.

Der Clean Elections Index bewertet auf einer Skala von 0 bis 1, wie fair Wahlen in bestimmten Regionen der Welt ablaufen. Der Index berücksichtigt Fairness, Gleichberechtigung im Wahlprozess sowie der Schutz vor Wahlbetrug. In Westeuropa, Nordamerika, Südamerika sowie dem Pazifikraum sind Wahlen überwiegend frei. Defizite zeigen vor allem Länder im Mittleren Osten und in Afrika. Dort, aber auch in Teilen Asiens, liegt der Clean Elections Index lediglich zwischen 0,1 und 0,5. Seit den 2000er Jahren hat sich dieses Bild kaum verändert.

Neben dem Clean-Elections-Index gibt der Election Vulnerability Index an, wie unabhängig digitale Medien in bestimmten Ländern sind und wie sie geschützt werden. Die Studie untersucht 81 Länder. Besonders prekär ist die Lage in Ländern mit autokratischen Regierungen. Desinformation und staatliche Kontrolle von Online-Informationen sind in Ländern mit einem schlechten Ergebnis (wie Russland) besonders ausgeprägt. Doch selbst in den USA gibt es Probleme beim Schutz digitaler Medien vor Cyber-Angriffen.

Der Election Vulnerability Index beleuchtet zudem die Menschenrechtssituation in den jeweiligen Ländern. Deutschland schneidet mit 89 von 100 Punkten hervorragend ab und liegt damit sogar vor den USA, die 78 Punkte erreichen. Island führt das Ranking mit 91 Punkten an.

Mehr zu der Situation von Wahlen im Elections Report des V-Dem Institutes sowie im Artikel Election Watch for the Digital Age von Freedom House.

Datum Land Art Wahlberechtigte
2024-04-19 bis
2024-06-01
Indien Parlamentswahl 891.934.297
2024-06-06 bis
2024-06-09
Europawahl Parlamentswahl 350.000.000
2024-11-05 USA Präsidentschaftswahl 258.672.483
2024-02-14 Indonesien Parlaments- und
Präsidentschaftswahl
191.671.984
2024-02-08 Pakistan Parlamentswahl 130.632.404
2024-03-15 bis
2024-03-17
Russland Parlamentswahl 113.590.588
2024-01-07 Bangladesch Parlamentswahl 106.777.785
2024-06-02 Mexiko Parlamentswahl 90.157.073
2024-03-01 Iran Parlamentswahl 60.905.788
2024-06-30 Frankreich Parlamentswahl 48.953.984
2024-07-04 Großbritannien Parlamentswahl 47.587.254
2024-04-10 Südkorea Parlamentswahl 43.814.504
2024-05-29 Südafrika Parlamentswahl 37.372.792
2024-09-07 Algerien Präsidentschaftswahl 27.992.084
2024-04 Peru Parlaments- und
Präsidentschaftswahl
22.547.509
2024-07-28 Venezuela Präsidentschaftswahl 21.502.096
2024-01-13 Taiwan Präsidentschaftswahl und Wahl des Legislativ-Yuans 19.454.487
2024-12 Rumänien Parlamentswahl 17.663.694
2024-12-07 Ghana Parlaments- und
Präsidentschaftswahl
16.569.222
NA Sri Lanka Parlamentswahl 16.531.050
2024-10-09 Mosambik Parlamentswahl 13.554.684
2024-06-09 Belgien Parlamentswahl 9.261.362
2024-02-04 Mali Parlamentswahl 8.920.714
2024-03-10 Portugal Parlamentswahl 8.584.844
NA Tunesien Präsidentschaftswahl 8.219.612
2024-02-25 Senegal Parlamentswahl 8.071.074
2024-02-25 Belarus Parlamentswahl 7.716.337
2024-02-07 Aserbaidschan Präsidentschaftswahl 7.363.739
2024-05-19 Dominikanische Republik Parlamentswahl 7.103.584
2024-07-15 Ruanda Parlamentswahl 6.397.743
2024-04-16 Slowakei Parlamentswahl 4.462.884
2024-01-28 Finnland Präsidentschaftswahl 4.450.638
NA Südsudan Parlamentswahl 4.442.454
2024-04-13 Togo Parlamentswahl 4.382.547
2024-02-04 El Salvador Präsidentschaftswahl 4.314.785
2024-10-26 Georgien Präsidentschaftswahl 3.722.111
2024-04-17 Kroatien Präsidentschaftswahl 3.525.417
2024-05-05 Panama Parlamentswahl 2.661.314
2024 Herbst Moldau Präsidentschaftswahl 2.634.786
2024-10-27 Uruguay Parlamentswahl 2.564.637
2024-11-30 Mauritius Parlamentswahl 2.444.729
2024-06-22 Mauretanien Präsidentschaftswahl 2.184.439
2024-06-28 Mongolei Parlamentswahl 2.179.634
2024-05-08 Nordmazedonien Parlamentswahl 1.713.004
2024-10-06 Litauen Parlamentswahl 1.506.400
2024-11-27 Namibia Parlamentswahl 1.479.603
2024-10 Botswana Parlamentswahl 1.444.142
2024-02-14 Komoren Präsidentschaftswahl 947.898
2024-06-01 Island Präsidentschaftswahl 266.312
2024-04 Salomonen Parlamentswahl 35.361
2024-12 San Marino Parlamentswahl 27.790
2024-11-12 Palau Parlamentswahl 16.518
Total: 2.603.344.920

Hinweis: Die kroatischen Wahlen wurden bereits auf Dez. 2024 verschoben. Turnusmäßig hätten die Wahlen jedoch am 17.04.2024 stattfinden sollen
Quelle: Deutscher Bundestag

Election Vulnerability Index

Russland

13

Venezuela

18

Usbekistan

20

Ruanda

27

Jordanien

39

Ukraine

50

Tunesien

51

Sri Lanka

59

Mexico

60

Indien

62

Georgien

65

Polen

74

Südkorea

75

Ghana

78

Vereinigte
Staaten

78

Südafrika

82

Frankreich

85

Vereinigtes Königreich

88

Deutschland

89

Island

91

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Demokratische Rückschritte verhindern

Warum Wahlen auch in autokratischen Systemen einen Unterschied machen

Der Sieg demokratischer Kräfte bei Wahlen in autoritären Regimen zeigt, dass politische Veränderungen möglich sind. Aber wie können demokratische Parteien in solchen Ländern erfolgreich sein?

In der Vergangenheit hatten robuste Koalitionen aus verschiedenen Oppositionsgruppen und demokratischen Parteien die besten Chancen, gegen eine autoritäre Regierung zu gewinnen. Eine breite Allianz war entscheidender als eine kleine Gruppe mit ähnlichen Meinungen. Solche Koalitionen bildeten sich oft erst, wenn die Demokratie bereits in Gefahr war. Eine wichtige Rolle spielt die Pressefreiheit. In autokratischen Regimen dienen Teile der Presse oft als Sprachrohr der Machthaber. Daher kamen in Ländern mit hoher Pressefreiheit seltener breite Koalitionen zwischen Parteien unterschiedlicher politischer Spektren zustande.

Ein aktuelles Beispiel für die Kraft solcher Koalitionen sind die vergangenen Wahlen in Polen. Die Opposition konnte sich gegen die amtierende PiS-Partei durchsetzen, die zuvor sowohl die Pressefreiheit als auch die Unabhängigkeit der Gerichte massiv eingeschränkt hatte.

Selbst bei starken demokratischen Einschränkungen – etwa durch mangelnde Pressefreiheit – konnten Oppositionsparteien Wahlen gewinnen. Auch in Ländern mit unfreien Wahlen gelang es demokratischen Koalitionen, die Regierung zu stürzen. Ein Beispiel ist Gambia 2016: Herausforderer Adama Barrow gewann die Präsidentschaftswahlen, was zum ersten friedlichen Machtwechsel seit der Unabhängigkeit 1965 führte.

Mehr dazu im Artikel Bet on Big-Tent Opposition Electoral Coalitions to Defeat Democratic Backsliding des Carnegie Endowment for International Peace.

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Wie wichtig ist Erstwählenden
die EU?

Was junge Wählende über die EU denken

Statistiken über die Ansichten von Erstwählern zu der Arbeit der EU
Statistiken über die Ansichten von Erstwählern zu der Arbeit der EU
Statistiken über die Ansichten von Erstwählern zu der Arbeit der EU
Statistiken über die Ansichten von Erstwählern zu der Arbeit der EU
Statistiken über die Ansichten von Erstwählern zu der Arbeit der EU
Statistiken über die Ansichten von Erstwählern zu der Arbeit der EU
Statistiken über die Ansichten von Erstwählern zu der Arbeit der EU
Statistiken über die Ansichten von Erstwählern zu der Arbeit der EU

Die Europawahl im Juni 2024 wird richtungsweisend für die zukünftige politische Ausrichtung der EU sein. Mit der Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre steigt die Zahl der Erstwählenden stark. Grund genug, sich die Einstellungen und Ansichten dieser Zielgruppe zur EU genauer anzusehen.

Wie wichtig ist jungen Menschen die EU? Diese Frage untersuchte die Konrad-Adenauer-Stiftung in einer repräsentativen Umfrage. Der Fokus lag auf den Einstellungen von Erstwählenden zur EU. Verglichen wurden die Ergebnisse der 16- bis 22-Jährigen mit den Ansichten aller Befragten.

Alle Befragten zeigen eine deutlich positive Einstellung zur EU und ihrer Arbeit. 81 Prozent der 16- bis 22-Jährigen und 76 Prozent aller Befragten bewerteten die EU-Mitgliedschaft als „gute Sache“. Auch die Fortsetzung der Mitgliedschaft stößt auf breite Zustimmung. 86 Prozent der 16- bis 22-Jährigen und 87 Prozent aller Befragten stimmen einer Fortsetzung der EU-Mitgliedschaft zu. Dabei interessiert sich die Gruppe der Erstwählenden nicht nur für die Vorteile der EU-Mitgliedschaft für Deutschland, sondern auch für andere Länder. Der Aussage „Unabhängig von Vorteilen für Deutschland ist die Unterstützung anderer EU-Länder richtig.“ stimmen 64 Prozent der 16- bis 22-Jährigen „voll und ganz“ sowie „eher“ zu.

Die Frage, ob den Erstwählenden die EU wichtig ist, kann klar mit Ja beantwortet werden. Eine überwältigende Mehrheit von 86 Prozent der 16- bis 22-Jährigen verneint die Aussage „Die EU ist mir im Großen und Ganzen egal.“, was ein positives Zeichen für die EU und ihre Arbeit ist.

Eine weitere Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem Titel Stadt, Land, … Unterschiede? geht auf die Verteilung verschiedener „Europa-Typen“ nach Stadt und Land ein. In Großstädten liegt der Anteil von Europabefürwortern bei 61 Prozent. Im ländlichen Raum liegt dieser Anteil nur bei 51 Prozent. Doch sowohl auf dem Land als auch in der Stadt sind mehr als die Hälfte der Befragten pro-europäisch eingestellt. Insgesamt ist mit 58 Prozent der Anteil der Europafans ebenfalls höher als der Anteil der Pragmatiker und Populisten.

Mehr dazu in der Studie Meine 1. Europawahl der Konrad-Adenauer-Stiftung, veröffentlicht im März 2024, sowie in der Studie Stadt, Land, … Unterschiede? der Konrad-Adenauer-Stiftung vom April 2024.

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Wählen ab 16:
Eine große Chance?

Neue Studien zeigen demokratische Auswirkungen

Junge fährt auf einem Skateboard an einer Wahlurne vorbei und wirft seinen Wahlschein in die Urne

Auch in Deutschland wird das Thema „Wählen ab 16“ schon lange diskutiert. In Bundesländern wie Schleswig-Holstein, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern können 16- bis 17-Jährige bereits bei Kommunal- und Landtagswahlen mitentscheiden. Doch welche Chancen und Vorteile bietet „Wählen ab 16“ für die Demokratie?

Thorsten Faas, Professor für Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin, hat sich in einer Studie der Otto-Brenner-Stiftung damit auseinandergesetzt. Für die Studie wurden unter anderem 5.105 Berlinerinnen und Berliner im Alter von 15 bis 20 Jahren befragt. Die Studie zeigt, dass die Freude von Jugendlichen über die Wahlberechtigung bei Bundestagswahlen deutlich höher ist als bei Kommunalwahlen. Knapp 60 Prozent der 15- bis 20-Jährigen gaben die höchstmögliche Punktzahl bei der Freude über eine Beteiligung an den Bundestagswahlen an. Dieses Ergebnis zeigt deutlich: Jugendliche wünschen sich auch eine Absenkung des Wahlalters für die Bundestagswahlen.

In Berlin dürfen 16- bis 17-Jährige weder bei Kommunal- und Landtagswahlen noch bei Bundestagswahlen wählen. Bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) liegt das Wahlalter jedoch bei 16 Jahren. Ein sehr kompliziertes System, das nicht nur bei den Jugendlichen zu Verwirrung geführt hat. So dachten 20 Prozent der 16- bis 17-Jährigen, bei den Bundestagswahlen wahlberechtigt zu sein, obwohl sie es nicht waren.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch das Paper Wie Wählen ab 16 die Demokratie stärken kann der Bertelsmann-Stiftung. Sie kritisiert, dass die Unterschiede zwischen den Wahlmöglichkeiten für 16- bis 17-Jährige die Wahlrechtsgleichheit verletze und Jugendliche aufgrund ihres Alters diskriminiere.

Mehr dazu in der Studie Coming of voting age. Evidence from a natural experiment on the effects of electoral eligibility von Thorsten Faas sowie in der Jugendwahlstudie der Otto-Brenner-Stiftung. Weitere Argumente für ein niedrigeres Wahlalter hat die Bertelsmann-Stiftung in ihrem Paper Wie Wählen ab 16 die Demokratie stärken kann zusammengefasst.

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Wählen oder nicht wählen:
Wählen!

Entwicklung der Wahlbeteiligung bei den Europawahlen

1979 2019 2024
Infografik über die Entwicklung der Wahlbeteiligung bei der Europawahl in den europäischen Mitgliedsstaaten 1979
Infografik über die Entwicklung der Wahlbeteiligung bei der Europawahl in den europäischen Mitgliedsstaaten 2019
Infografik über die Entwicklung der Wahlbeteiligung bei der Europawahl in den europäischen Mitgliedsstaaten 2024

Die EU beeinflusst die Politik und das Leben in Deutschland stark. Trotzdem liegt die Wahlbeteiligung oft unter der bei Bundestagswahlen. Im Format „Kurz & Knapp“ der bpb analysieren Expertinnen und Experten die Beteiligung an den letzten Europawahlen.

Die Teilnahme an Europawahlen in Deutschland war besorgniserregend. Von 66 Prozent bei den ersten Wahlen 1979 sank sie bis 2004 auf 43 Prozent. 2019 stieg die Quote wieder auf 61 Prozent, ein positiver Trend, der sich in vielen Mitgliedsstaaten zeigt. EU-weit erhöhte sich die Rate im Vergleich zu 2014 um 8 Prozentpunkte auf 51 Prozent.

In Deutschland zeigt die junge Generation großes Interesse an der EU. 2019 nahmen fast 20 Prozent mehr 18- bis 20-Jährige an der Wahl teil als 2014. Ähnliche Entwicklungen gab es bei den 21- bis 24- und 25- bis 29-Jährigen. Der Anstieg fiel in den höheren Altersgruppen schwächer aus.

In Belgien und Luxemburg liegt die Wahlbeteiligung über 80 Prozent, da dort eine formelle Wahlpflicht besteht. Bei Missachtung drohen Bußgelder. Diese Pflicht existiert auch in Bulgarien, Zypern und Griechenland, wird dort aber selten durchgesetzt. In Belgien und Luxemburg bleibt die Beteiligung dennoch hoch. Doch spielt die niedrige Wahlbeteiligung euroskeptischen Parteien in die Karten? Mit dieser Frage hat sich der Aufsatz Europa der Regionen? beschäftigt. Tatsächlich gibt es einen Zusammenhang. In Ländern mit einer hohen Wahlbeteiligung haben euroskeptische Parteien tendenziell geringere Chancen. In den europäischen Hauptstädten ist der Stimmenanteil euroskeptischer Parteien relativ niedrig. Es konnte kein eindeutiger Automatismus nachgewiesen werden, weshalb es wichtig ist, die Mitgliedsländer differenziert zu betrachten.

Mehr dazu in den Artikeln Wahlbeteiligung und Briefwahl der Bundeszentrale für politische Bildung sowie Europa der Regionen? des Instituts der deutschen Wirtschaft.

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Geld regiert die USA?

Welchen Einfluss hat Geld auf den US-Wahlkampf

Infografik über die Ausgaben der Spitzenkandidaten im US-Wahlkampf

2024 blickt die Welt auf die Präsidentschaftswahlen in den USA. Die größte Volkswirtschaft der Welt wählt einen neuen Präsidenten. Angesichts der Kriege und Konflikte in Europa und im Nahen Osten spielen die USA eine wichtige Rolle. Im Vorfeld der Wahlen beschäftigen sich viele Studien jedoch mit der Frage, wie groß die Rolle von Geld im US-Wahlkampf ist.

Die Federal Election Comission in den USA hat die Ausgaben der Demokraten und Republikaner verglichen. Die Republikaner haben im Wahlkampf bisher 278 Millionen US-Dollar ausgegeben, mehr als doppelt so viel wie die Demokraten. Wenn man jedoch die Ausgaben der beiden Parteien genauer ansieht, fällt auf, dass die Demokraten für ihren Kandidaten, Präsident Joe Biden, mehr Geld ausgegeben haben als die Republikaner für Donald Trump. Dies liegt unter anderem daran, dass Trump nicht von Anfang an als Spitzenkandidat der Republikaner feststand und einige Wahlkampfgelder auch an andere Republikaner flossen. Für die Kampagne von Nikki Haley wurden während der Vorwahlen beispielsweise 49 Millionen US-Dollar ausgegeben. Bei den Demokraten stand hingegen Präsident Biden als Spitzenkandidat von Anfang an so gut wie fest, weshalb für Dean Phillips nur etwa 7 Millionen US-Dollar ausgegeben wurden. Insgesamt wurden bisher knapp 409 Millionen US-Dollar für den Wahlkampf ausgegeben.

Spenden konzentrieren sich auf wenige wohlhabende Einzelpersonen, die damit großen Einfluss haben. Der Anstieg der Wahlkampfspenden führt zu größerer Intransparenz für die Wählerinnen und Wähler. Dies kann zu einem Vertrauensverlust in die Regierung und die Wahlen führen. Abgeordnete verbringen oft mehr Zeit mit Spendensammeln als mit ihren parlamentarischen Aufgaben.

Dennoch gewinnt nicht immer die Kandidatin oder der Kandidat mit der größten Brieftasche. Besonders bei Präsidentschaftswahlen zeigt sich, dass höhere Ausgaben ab einem bestimmten Punkt keinen entscheidenden Einfluss mehr haben. Wahlkampfspenden sind wichtig, aber nicht ausschlaggebend für den Wahlausgang.

Mehr dazu in dem Artikel Die Rolle von Geld im US-Wahlkampf der Bundeszentrale für politische Bildung. Aktuelle Zahlen zu den Wahlkampfausgaben gibt es bei Spending: by the numbers der Federal Election Comission.

Glossar

Als soft money werden Wahlkampfspenden verstanden, die weder bewilligungs- noch offenlegungspflichtig sind und laut Regularien nur für party-building-Aktivitäten, wie zum Beispiel Wählerinformationen zur politischen Bildung (voter education), Wählerregistrierung (voter registration) oder für sogenannte issue ads verwendet werden dürfen. In issue ads dürfen nur Themen, nicht aber konkrete Kandidatinnen und Kandidaten, beworben werden. Der Begriff loophole verweist schließlich auf rechtliche Schlupflöcher, die Wahlkampagnen im Laufe der Zeit immer wieder effektiv genutzt haben.

Wahlkampforganisationen, die ihr durch Fundraising erworbenes Geld (u. a. von Unternehmen, Banken, Gewerkschaften oder Einzelpersonen) nicht an Kandidatinnen und Kandidaten spenden, sondern für so genannte uncoordinated political expenditures ausgeben. Weil Super PACs keine strategischen Absprachen mit Kampagnen von Kandidatinnen und Kandidaten treffen dürfen (uncoordinated), können diese in unbegrenzter Höhe Wahlkampfspenden einsammeln. Super PACs gelten als unmittelbare Folge der beiden Gerichtsentscheidung Citizens United v. FEC (2010) sowie SpeechNow.org v. FEC (2010).

Non-Profit-Organisationen, die ihren Namen von den entsprechenden Paragraphen des zentralen amerikanischen Steuergesetzes (Internal Revenue Code, IRC) erhalten und nicht nur von Steuerzahlungen, sondern auch Transparenzpflichten nahezu völlig befreit sind. Gelten gemeinsam mit Super PACs zu den aktivsten Akteuren im Bereich des outside spending.

Die Citizens United-Entscheidung hat dazu geführt, dass Wahlkampfspenden in zwei klar voneinander unterscheidbaren Bereichen getätigt werden dürfen: dem inside sowie dem outside spending-Bereich. Zu ersterem zählen die klassischen Wahlkampfakteure wie Kandidierende, Parteien und PACs (von Interessengruppen betriebene Spendensammelmaschinerien). Als outside spending-Akteure werden dahingegen die neuformierten Super PACs sowie 501-(c)-Organisationen eingestuft. Beide Bereiche gelten als voneinander getrennt, da die jeweiligen Akteure nicht untereinander kooperieren dürfen.

Beim so genannten dark money handelt es sich um Wahlkampfausgaben, welche die Entscheidung einer Wählerin / eines Wählers beeinflussen sollen, bei denen aber die Identität der Geldgeberin / des Geldgebers bzw. die Quelle des Geldes unbekannt bleibt. Jene intransparenten dark money-Gelder stammen in der Regel aus dem Bereich des outside spending und sind daher insbesondere Super PACs sowie 501-(c)-Organisationen zuzurechnen.

Mit dem Begriff des permanent campaigning wird das Phänomen beschrieben, dass Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in den USA auch über den Wahltag hinaus einen ununterbrochenen Wahlkampf führen. Die ehemals klar voneinander trennbaren Wahlkampf- und Regierungsphasen überlagern sich mittlerweile nahezu vollständig. Als wesentliches Kennzeichen des permanent campaignings gilt das pausenlose Eintreiben von Wahlkampfspenden (fundraising), eine Tätigkeit, dem Abgeordnete aller Parteien oft mehrere Stunden täglich widmen.

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Immer kürzere Vorwahlen in den USA

Die Entwicklung der Vorwahlzeitrahmen seit 2012

Infografik über die Dauer der Vorwahlen in den USA

Die US-Vorwahlen sind ein entscheidender Bestandteil der Präsidentschaftswahlen. Sie bestimmen die Kandidaten der Demokraten und Republikaner. 2024 setzten sich Joe Biden und Donald Trump als Kandidaten durch. Laut einer Studie des Pew Research Center werden die Vorwahlen immer kürzer.

Die Parteien organisieren die Vorwahlen selbst. Es gibt zwei Systeme: Primary und Caucus. Primaries unterteilen sich in offene und geschlossene Vorwahlen. Bei offenen Primaries können alle Wahlberechtigten geheim abstimmen, bei geschlossenen nur Parteimitglieder. Im Caucus-System stimmen die Teilnehmer öffentlich über die Kandidaten ab. Donald Trump stand 244 Tage vor der Wahl als Spitzenkandidat der Republikaner fest – die kürzeste Vorwahl seit 2008. Das Pew Research Center berücksichtigte den amtierenden Präsidenten nicht in seiner Studie. 2008 stand John McCain 245 Tage vor der Wahl als Kandidat fest, Joe Biden wurde 2020 bereits 209 Tage vor der Wahl Spitzenkandidat der Demokraten.

Eine frühzeitige Ernennung garantiert keinen Wahlsieg: 2008 setzte sich Barack Obama gegen McCain durch, obwohl McCain früher feststand. Die längsten Vorwahlen gab es 1976 bei den Republikanern: Präsident Ford gewann erst 75 Tage vor der Wahl gegen Ronald Reagan, verlor dann jedoch gegen Jimmy Carter. Vier Jahre später wurde Reagan bereits 162 Tage vor der Wahl Spitzenkandidat und gewann die Präsidentschaft.

Mehr dazu in der Studie 2024 presidential primary season was one of the shortest in the modern political era des Pew Research Center. Eine Erläuterung der Vorwahlen in den USA finden Sie auf der Seite der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.

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Risiko von Desinformation
für Wahlen

Desinformation als größtes Risiko der nächsten zwei Jahre

2 Jahre 10 Jahre
Übersicht über weltweite Risiken der nächsten zwei sowie zehn Jahre
Übersicht über weltweite Risiken der nächsten zwei sowie zehn Jahre

Seit der Brexit-Abstimmung und der Wahl von Donald Trump 2016 sind Fake News zu einem beliebten Werkzeug geworden, insbesondere durch die Unterstützung durch Akteure wie Russland. Ihr Ziel ist es, Demokratien mit Fehlinformationen zu destabilisieren. Eine Studie des World Economic Forum (WEF) schätzt Fehl- und Desinformation als das größte Risiko der nächsten zwei Jahre ein.

Die WEF-Studie prognostiziert, dass der gezielte Einsatz von Fehlinformationen in den nächsten zehn Jahren zu den Top 5 der weltweiten Bedrohungen zählen wird. Sie kann Demokratien nachhaltig schädigen, indem die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in Wahlen und andere demokratische Institutionen verlieren. Die rasante Entwicklung von Technologien wie KI-Bots und die immense Macht der sozialen Medien erschweren es, Fake News zu identifizieren und zu kontrollieren. Fake News werden zunehmend auf bestimmte Gruppen zugeschnitten und auch über Plattformen wie WhatsApp oder Telegram verbreitet. Die Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz erschwert es zunehmend, menschlich erstellte Nachrichten von KI-generierten zu unterscheiden. Oft fehlen eindeutige Kennzeichnungen für KI-generierte Inhalte. Dadurch kann KI für manipulative Zwecke missbraucht werden. Diese technischen Möglichkeiten können demokratische Prozesse angreifen und das Vertrauen in Wahlen schwächen. Wenn die Legitimität von Wahlen infrage gestellt wird, kann dies die Demokratie massiv gefährden.

Besonders gefährdet ist Indien, die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt, wo in diesem Jahr gewählt wird. Die USA liegen auf Platz 6 des Rankings der am stärksten durch Fake News gefährdeten Staaten, da hier fast 92 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Zugang zum Internet und zu den sozialen Medien haben und somit potenzielle Ziele für Fake News sind. Die EU, wo insgesamt 89 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Internet haben, folgt auf Platz 8. Damit sind die drei größten Wahlen weltweit unter den Top 10 Regionen, die von Fehlinformation bedroht sind.

Informationen zu weiteren Bedrohungen für Demokratien in den nächsten zwei bis zehn Jahren finden Sie im Global Risks Report 2024 des World Economic Forum.

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KI als sichere Quelle
für Wahlen?

Können sich Wählende auf Informationen von KI verlassen?

Ein KI-Roboter auf dem „Are you human?“ steht, versucht Antworten auf die Fragen der Wählerinnen und Wähler zu finden

Künstliche Intelligenz hat in kurzer Zeit enorme Fortschritte gemacht. Sie kann komplexe Probleme lösen, Texte zusammenfassen und neue schreiben. Aber kann sie auch eine zuverlässige Informationsquelle für Wählerinnen und Wähler sein? Eine Art Wahl-O-Mat 2.0? Die Studie Are Chat Bots a reliable source of information for voters von Algorithm Watch gibt eine klare Antwort.

Algorithm Watch nutzte die KI von Microsofts Bing-Suchplattform für die Studie. Die KI wurde zu Fakten über die Landtagswahlen in Hessen und die Bundesratswahlen in der Schweiz befragt. Das Ergebnis war bedenklich. Die KI machte viele Fehler. Ein Drittel der Antworten enthielt falsche Informationen wie falsche Wahldaten, Kandidierende oder erfundene Kontroversen. Obwohl die KI verschiedene Quellen angab, wurden einige Daten falsch wiedergegeben.

Neben faktischen Fehlern wich die KI in 39 Prozent der Fälle klaren Antworten aus. Sie konnte sogar einfache Fragen wie „Welche Kandidaten treten im Kanton X für den Nationalrat an?“ oft nicht beantworten und behauptete, politisch neutral bleiben zu müssen. Nur in 30 Prozent der Fälle lieferte sie korrekte Antworten. Deutlich zu niedrig, um eine sichere Informationsquelle für Wählerinnen und Wähler zu sein. Das macht solche KI-Anwendungen für Wählende unbrauchbar.

Interessanterweise schnitt die KI in Englisch besser ab als in Deutsch oder Französisch. Während im Deutschen 37 Prozent der Antworten Fehler enthielten, waren es im Englischen nur 20 Prozent. Im Französischen gab es in 24 Prozent der Fälle Falschaussagen, aber die KI lieferte häufiger uneindeutige Antworten. Mehr als die Hälfte der französischen Antworten wichen der Frage aus oder waren unklar.

Mehr zu den Gefahren von Künstlicher Intelligenz als Informationsquelle für Wählerinnen und Wähler in der Studie Are Chat Bots a reliable source of information for voters und in dem Blogbeitrag 10 Fragen zu KI und Wahlen von Algorithm Watch.

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E-Voting in Deutschland

Ist E-Voting die Zukunft von Wahlen?

Eine Frau wählt auf ihrem Handy, während sie in der rechten Hand Einkäufe trägt

Seit der Corona-Pandemie wird in Deutschland wieder über E-Voting gesprochen. Man hofft, dass mehr Leute wählen, wenn sie ihre Stimme einfach online abgeben können. Auch das Auszählen der Stimmen würde vereinfacht. Auf dem Bundesparteitag der CDU 2021 haben Mitglieder bereits digital abgestimmt. Aber würde E-Voting wirklich mehr Leute zum Wählen motivieren?

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim deutschen Bundestag (TAB) hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Es gibt immer noch Sorgen über die Sicherheit und Verschlüsselung der Wählerdaten. Einige Systeme haben noch Schwächen und Risiken. Zum Beispiel konnte man bei den Mitgliederbefragungen der SPD 2019 mit dem verwendeten Wahlsystem für mehrere Mitglieder dieselbe E-Mail-Adresse angeben. Dadurch konnte eine Person für mehrere Mitglieder abstimmen.

Bei den Sozialwahlen 2023 wurde E-Voting ebenfalls getestet. Die Sozialwahlen werden in Deutschland von den Krankenkassen durchgeführt und sind die drittgrößte Wahl Deutschlands. 20 Millionen von 51 Millionen Wahlberechtigten konnten online abstimmen. Das Ziel: Die sonst geringe Wahlbeteiligung erhöhen. Die Wahlbeteiligung veränderte sich durch die Möglichkeit online abzustimmen jedoch kaum. So gaben bei der Techniker Krankenkasse nur 10 Prozent ihre Stimme digital ab. Bei der Barmer waren es nur 5,8 Prozent.

Schon 2021 konnten CDU-Mitglieder auf dem digitalen Bundesparteitag der CDU online abstimmen. Um die Ergebnisse zu überprüfen, wurde die Wahl des Bundesvorsitzenden per Briefwahl bestätigt. Die Online-Wahl und die Briefwahl ergaben das gleiche Ergebnis. Die CDU hat für den digitalen Bundesparteitag ein Wahlsystem von Polyas verwendet, das aber zu diesem Zeitpunkt noch einige Risiken hatte. Vor allem die Angst vor Cyberattacken, die das Wahlergebnis hätten manipulieren können, war groß.

Mehr zu der Situation und einer möglichen Einführung von E-Voting in Deutschland im Artikel E-Voting des TAB beim deutschen Bundestag.

An dieser Ausgabe mitgearbeitet haben:

Team KALUZA + SCHMID Studio, Bogdan Miftakhov, Kristin Wesemann, Leon Buchberger

Quellen

(1) Nord, Marina/Juraj Medzihorsky/Staffan I Lindberg (2024): Clean Elections Across the World. V-Dem Institute, Gothenburg.
Freedom House (2024): Election Watch for the Digital Age. Washington, DC

(2) Feldman, Benjamin/Jennifer McCoy (2024): Bet on Big-Tent Opposition Electoral Coalitions to Defeat Democratic Backsliding. Carnegie endowment for international peace, Washington, DC

(3) Roose, Jochen (2024): Meine 1. Europawahl. Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Berlin
Hirndorf, Dominik (2024): Stadt, Land, … Unterschiede? Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Berlin

(4) Leininger, Arndt et al. (2024): Coming of voting age. Evidence from a natural experiment on the effects of electoral eligibility. Elsevier Ltd., Amsterdam
Faas, Thorsten/Arndt Leininger (2023): Mehr Wählen wagen? Otto-Brenner-Stiftung, Frankfurt am Main
Roth, Roland (2023): Wie Wählen ab 16 die Demokratie stärken kann. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

(5) Bundeszentrale für politische Bildung (2020): Europawahl. Wahlbeteiligung und Briefwahl. Berlin
Diermeier, Matthias/Christian Oberst/Samina Sultan (2024): Europa der Regionen? Bundeszentrale für politische Bildung, Berlin

(6) Hebenstreit, Jörg (2020): Die Rolle von Geld im US-Wahlkampf. Bundeszentrale für politische Bildung, Berlin
Federal Election Commission (o.D.): Spending: by the numbers. Washington, DC

(7) Desilver, Drew (2024): 2024 presidential primary season was one of the shortest in the modern political era. Pew Research Center, Washington, DC
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (2024): Ablauf der Vorwahlen in den USA. Baden-Württemberg

(8) World Economic Forum (2024): The Global Risks Report 2024. Cologny/Geneva

(9) Algorithm Watch (2023): Generative AI and elections: Are chatbots a reliable source of information for voters? Berlin

(10) Ehrenberg-Silies, Simone/Anne Busch-Heizmann/Jost Lüddecke (2023): E-Voting – alternative Wahlformen und ihre Absicherung. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, Berlin, S. 57–65